Rechtsprechung des BGHs zum Geschiedenenunterhalt nichtig

face_womanDurch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe vom 11.2.2011 werden Unterhaltsansprüche Geschiedener vom früheren Partner gestärkt. Der Maßstab für den Unterhalt müsse unabhängig davon bestimmt werden, ob der unterhaltspflichtige Partner erneut geheiratet hat. Entscheidend seien die Lebensverhältnisse zum Zeitpunkt der Scheidung, heißt es in dem Beschluss.

Hierzu stellten die Verfassungsrichter fest, dass es rechtswidrig ist eine neue Heirat in die Bemessung einzubeziehen. Mit dieser Entscheidung hoben sie ein Urteil des Bundesgerichtshofes auf, das zulasten einer geschiedenen Frau gefallen war. Diese war 24 Jahre lang verheiratet gewesen. Nach der Scheidung erhielt sie zunächst 618 Euro im Monat als Unterhalt. Ihr geschiedener Mann heiratete jedoch erneut. Daraufhin wurde der Unterhalt vom Amtsgericht auf 488 Euro herabgesetzt. Der Amtsrichter bezog sich dabei auf die 2008 vom BGH entwickelte sogenannte Dreiteilungsmethode, die auch die Einkommensverhältnisse und den etwaigen Bedarf des neuen Ehepartners einbezieht.

Der BGH habe einen „Systemwechsel“ eingeleitet und sei damit zu weit gegangen, erklärten die Verfassungsrichter in ihrem Beschluss.

Die Richter entschieden zugunsten einer geschiedenen Frau. Die vom BGH entwickelte Methode „belastet den vorangegangenen Ehegatten einseitig zugunsten des Unterhaltspflichtigen und dessen nachfolgenden Ehegatten“. Diese Methode widerspreche der Absicht des Gesetzgebers. Denn dieser habe festgehalten: Ausschlaggebend für den Unterhalt sollen die wirtschaftlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Scheidung sein. Der BGH habe sich von der gesetzlichen Grundlage gelöst und durch „eigene Gerechtigkeitsvorstellungen ersetzt“, kritisierten die Verfassungsrichter.

Hintergrund ist eine zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Änderung des Unterhaltsrechts, die einige Nachteile für geschiedene Ehepartner brachte. Ein Grundsatz wurde nach Auffassung des Verfassungsgerichts aber nicht angetastet: Maßstab für den Unterhalt soll die Teilhabe am „gemeinsam erreichten Status“ zum Zeitpunkt der Scheidung sein. Etwaige zusätzliche Pflichten für neue Ehepartner, die sich ein Geschiedener erst später aufbürdet, sollen bei der Ermittlung des Bedarfs früherer Partner hingegen keine Rolle spielen.

Die Dreiteilungsmethode hatte der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom Juli 2008 entwickelt. Das Grundprinzip: Die Einkünfte der beiden früheren Ehepartner und des neuen Partners werden zusammengezählt und durch drei geteilt. Auf dieser Basis wird der Bedarf des früheren Partners berechnet. „Konsequenz dieser Rechtsprechung ist, dass der geschiedene Ehepartner infolge der neuen Bedarfsermittlung regelmäßig weniger, selten dasselbe, nie aber mehr erhält als im Wege einer nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmten Berechnung“, bemängelten die Verfassungsrichter.

Das Bundesverfassungsgericht hob das BGH-Urteil jetzt auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück.