Scheidungsrecht zum 1.9.2009

Am 1. September tritt das neue Scheidungsrecht in Kraft. Mit diesem wird der Zugewinn und Versorgungsausgleich neu geregelt. „Bislang kommt es oft zu grob falschen Teilungsergebnissen, vor allem zu Lasten der Frauen“, sagt Bundesjustizministerin Zypries (SPD). Damit soll nun Schluss sein.

Im Einzelfall geht es um viel Geld – je nachdem ob die Scheidungsantrag noch im August oder erst im September beim Familiengericht eingeht. Doch wie sehen die Neuregelungen aus? Wer gewinnt, wer verliert? Von dem neuen Recht profitiert in der Regel der Partner, der von dem anderen einen Ausgleich bekommt. Dieser sollte sich mit der Scheidung also Zeit lassen. Der ausgleichspflichtige Partner muss hingegen aufs Tempo drücken.

Zugewinnausgleich

Schulden: Ehepaare ohne Ehevertrag leben automatisch in einer sogenannten Zugewinngemeinschaft. Bei der Scheidung wird das in der Ehezeit erworbene Vermögen ermittelt und aufgeteilt. Schulden, die ein Ehepartner mit in die Ehe gebracht hat, wurden bislang nicht berücksichtigt. Das ändert sich zum Stichtag 1. September, denn nun werden „Alte Schulden“ mit einbezogen. Der Ehepartner, der in der Ehe dazu beigetragen hat, den Schuldenberg zu reduzieren, wird später beim Zugewinnausgleich dafür belohnt.

Ehedauer:

Illoyale Vermögensverschiebungen: Nach bisherigem Recht mussten die Ehepartner ihr Vermögen erst offenlegen, wenn der Scheidungsantrag in der Post lag. Aus Erfahrungen weiß man, dass zwischen Trennung und Scheidung viel Vermögen beiseite geschafft wurde. Nach neuem Recht kann der ausgleichsberechtigte Ehegatte auch Auskunft für den Zeitpunkt vor der Trennung verlangen. Ist das Vermögen bis zur Scheidung stark geschmolzen, muss der Ehepartner nachweisen, wo es geblieben ist.

Versorgungsausgleich

Bislang wurden alle in der Ehe erworbenen Anwartschaften, ganz gleich ob aus der Rentenversicherung, der Beamtenversorgung oder der Betriebsrente in einen Topf geschmissen und dann zwischen den Partnern aufgeteilt. Der Ehepartner, der weniger Rentenanwartschaften erworben hat, erhält einen Ausgleich über die gesetzliche Rentenversicherung

Neuer Versorgungsausgleich
Die bisherige Regelung benachteiligt häufig Frauen, die Kinder großgezogen und kaum Geld in die gesetzliche oder private Altersvorsorge eingezahlt haben. Viele Betriebsrenten werden erst zu Rentenbeginn real aufgeteilt. Und das Geld, das Mann und Frau in die private Altersvorsorge investiert haben, fließt häufig in den Zugewinnausgleich. Die Frau erhält dann eine Ausgleichszahlung, die Police läuft in vielen Fällen weiterhin auf den Ehemann.

Die späte Beteiligung an den Betriebsrenten bringt einen weiteren entscheidenden Nachteil mit sich: Die Ansprüche müssen Jahre später in einem Zivilprozess einfordert werden. Einige Frauen verzichteten daher Jahre oder gar Jahrzehnte später auf diese Ansprüche.

Interne Teilung: Die neue Regelung soll nun für mehr Gerechtigkeit sorgen. Wird der Scheidungsantrag nach dem 1. September eingereicht, wird jede Rentenanwartschaft für sich betrachtet und zwischen den Ehepartnern aufgeteilt. Jeder erhält dann bei dem jeweiligen Versorgungsträger sein eigenes Konto. Ein Beispiel: Der Ehemann hat in der Ehezeit 30 Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Zudem erwarb er einen Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung in Höhe von 30 000 Euro. Nach der neuen Regelung erhält die Ehefrau 15 Entgeltpunkte bei der gesetzlichen Rentenversicherung und einen Anspruch auf eine Betriebsrente von 15 000 Euro. Dazu wird beim Arbeitgeber des Mannes und bei der gesetzlichen Rentenversicherung für die Frau ein entsprechendes Konto eingerichtet. Zudem werden nach der neuen Regelung private Verträge zur Altersvorsorge dem Versorgungsausgleich zugerechnet und sofort zwischen den Partnern aufgeteilt, so dass jeder über seinen eigenen Vorsorgevertrag verfügt. „Das bedeutet, dass die Frau ein eigenes Konto bei der Versicherung ihres Mannes bekommt und umgekehrt“, sagt Hintze. Von dieser Regelung sind nur reine Kapitallebenspolicen ausgenommen. Die Ersparnisse daraus fließen – sofern kein Ehevertrag vorliegt – in den Zugewinnausgleich.

Rechtzeitiger Antrag

Externe Teilung: In Ausnahmefällen können die Versorgungsansprüche auch extern geteilt werden. Das bedeutet, dass das Konto des ausgleichspflichtigen Partners nicht beim Versorgungsträger des anderen Partners eingerichtet wird, sondern zu einem anderen Anbieter fließt. Stimmt der Partner zu, so kann beispielsweise der Arbeitgeber des Ehemanns das der Ehefrau zustehende Versorgungskapital beispielsweise in einen Riester-Vertrag einzahlen. Dem muss der ausgleichsberechtigte Partner jedoch zustimmen. „Die Frau kann das Geld nach einigen Vorgaben des Gesetzgebers so anlegen, wie sie möchte und wie es ihren Bedürfnissen entspricht“, sagt Hintze. Lediglich bei kleinen Ansprüchen (25 Euro Monatsrente oder 3000 Euro Kapitalwert) kann der Versorgungsträger auf einer externen Teilung bestehen. Wenn beide Ehepartner in der Ehe ähnlich hohe Rentenanwartschaften erworben haben, kann das Familiengericht auch davon absehen, einen Versorgungsausgleich durchzuführen.

Rentnerprivileg: Mit der neuen Regelung endet das sogenannte Rentnerprivileg. Bislang wurden die Rentenansprüche zwar mit der Scheidung geteilt. Doch sie wurden – sofern sich einer der Ehepartner zum Zeitpunkt der Scheidung bereits in Rente befand – real erst dann geteilt, wenn sich der ausgleichsberechtigte Partner in den Ruhestand verabschiedete. Bei Scheidungen, die nach dem 1. September beantragt werden, werden die Rentenansprüche sofort auch real geteilt. Der Partner muss dann mit deutlich weniger Rente auskommen.
Themen

Das Geld wird dann bei der gesetzlichen Rentenversicherung so lange gebunkert, bis der ausgleichsberechtigte Expartner in Rente geht. Profiteur dieser Regelung ist die deutsche Rentenversicherung.

Kurze Ehe: Das neue Recht fügt neben der Höhe der Anwartschaften eine Bagatellgrenze ein. Hat eine Ehe gerade einmal drei Jahre gehalten, findet kein Versorgungsausgleich statt, es sei denn, einer der Partner verlangt ausdrücklich einen entsprechenden Ausgleich.


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