Zur Regelung des Umgangsgangsrecht bedarf es nicht der vorherigen Einschaltung des Jugendamts

calculatingDas OLG Hamm hat in seinem Beschluß vom 03.03.2011 – II-8 WF 34/11 festgestellt, dass es nicht mutwillig im Sinne des § 114 ZPO ist, wenn ein Elternteil zur Regelung des Umgangs gem. § 1684 BGB das Familiengericht anruft, ohne vorher Beratung und Hilfe des Jugendamts in Anspruch genommen zu haben.

Damit hat das OLG die erstinstanzliche Einscheidung des Amtsgereichts abgeändert und dem Antragsteller für das Verfahren unter Beiordnung des Rechtsanwalt ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt.

Gründe
Die gem. §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
Die Verfahrenskostenhilfe für das Umgangsverfahren kann nicht mit der den angefochtenen Beschluss tragenden Begründung der Mutwilligkeit verweigert werden.
Es ist nicht mutwillig im Sinne des § 114 ZPO, wenn ein Elternteil zur Regelung des Umgangs gem. § 1684 BGB das Familiengericht anruft, ohne vorher Beratung und Hilfe des Jugendamtes in Anspruch genommen zu haben (zum alten Recht: OLG Karlsruhe, FamRZ 2004, S. 1712; OLG Karlsruhe, FamRZ 2004, S. 1115; OLG Hamm, FamRZ 2004, S. 1116; zum neuen Recht: OLG Hamm, 8 WF 70/10, Beschluss vom 12.07.2010; Keidel-Zimmermann, FamFG 16. Aufl., § 76 Rz. 19). Es gibt keinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine bemittelte Partei regelmäßig die außergerichtliche Streitschlichtung suchen werde. Es muss deshalb auch der bedürftigen Partei die Möglichkeit offen bleiben, sich nach eigenem Ermessen zwischen außergerichtlicher Streitschlichtung und gerichtlichem Verfahren zu entscheiden. Ist Letzteres gewählt, hat die Partei einen entsprechenden Rechtsgewährungsanspruch, auch wenn sie bedürftig ist.
Auch wenn die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 11.01.2011 einem 14tägigem Umgangskontakt zugestimmt hat (wobei zweifelhaft ist, ob sie diese Zustimmung durch das außergerichtliche Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 19.01.2011 widerrufen hat), können hinreichende Erfolgsaussichten des Antrags des Antragstellers nicht verneint werden.
Es war schon unter Geltung des FGG allgemein anerkannt, dass hinreichende Erfolgsaussicht in dem vom Amtsermittlungsgrundsatz beherrschten Umgangsverfahren gegeben ist, wenn der Antragsteller in diesem Verfahren seine Lage verbessern kann (OLG Hamm, 12 WF 219/06, Beschluss vom 05.01.2007; OLG Nürnberg, FamRZ 2002, S. 109; Keidel/Kuntze/Winkler-Zimmermann, FGG, 14. Aufl., § 14 Rz. 7). An diesem Grundsatz hat sich auch nach Einführung des FamFG nichts geändert (vgl. OLG Hamm, 8 WF 70/10, Beschluss vom 12.07.2010; Keidel-Zimmermann, FamFG 16. Aufl., § 76 Rz. 19).
Das Gericht kann von jedem Elternteil jedenfalls zum Zweck der Herbeiführung einer erzwingbaren Gerichtsentscheidung mit dem Ziel der Verwirklichung eines schon vereinbarten Umgangsrechts angerufen werden. Denn auch wenn die Eltern in den vom Kindeswohl gezogenen Grenzen ihre Primärzuständigkeit zur Ausgestaltung des persönlichen Umgangs des nicht betreuenden Elternteils mit dem gemeinsamen Kind durch eine – im Laufe der Zeit durch Übung zustande gekommene – Vereinbarung ausgeübt haben, hat diese vertragliche Regelung gegenüber einer richterlichen Entscheidung den Nachteil, dass sie nicht unmittelbar als Grundlage für die Erzwingbarkeit nach § 33 FGG/§§ 86 ff. FamFG ausreicht (zum alten Recht: OLG Köln, FamRZ 2002, S. 979; zum neuen Recht: OLG Hamm, 8 WF 70/10, Beschluss vom 12.07.2010).