Trennungsabsicht für Eigenbedarfskündigung genügt

Für eine Kündigung wegen Eigenbedarfs nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB genügt die ernsthafte Absicht des Vermieters, eine räumliche Trennung von seinem Ehegatten herbeizuführen und in Zukunft ohne den Ehegatten in der vermieteten Wohnung zu wohnen. Insoweit ist es auch nicht etwa erforderlich, dass die Ehegatten eine Trennung im familienrechtlichen Sinne innerhalb ihrer bisherigen Ehewohnung (§ 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB) bereits vollzogen haben oder dass sie definitiv die Scheidung beabsichtigen. Vernünftige, nachvollziehbare Gründe für den Umzug eines Ehegatten in eine eigene Wohnung liegen schon dann vor, wenn die Ehegatten sich ernsthaft entschieden haben, sich zu trennen und ihre häusliche Gemeinschaft zumindest vorläufig aufzuheben.

Der Kläger als Vermieter begehrt vom Beklagten Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung. Der Kläger bewohnt mit seiner 18 Jahre jüngeren Ehefrau und den beiden 13 und 9 Jahre alten Kindern eine Wohnung in Heidelberg.

Der Kläger hat behauptet:

Er habe unter dem 17.06.2011 eine auf Eigenbedarf gestützte Kündigung ausgesprochen. Dieses Kündigungsschreiben sei am 21.06.2011 um 8:00 Uhr durch einen Boten in den Briefkasten des Beklagten eingeworfen worden. Dem Schreiben sei eine Originalvollmacht beigefügt gewesen.

Es bestehe Eigenbedarf, weil der Kläger sich von seiner Ehefrau trennen und deswegen in die streitgegenständliche Wohnung einziehen wolle. Der Entschluss zur Trennung habe im Zeitpunkt der Kündigung ebenso bestanden wie zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass die ausgesprochene Kündigung unwirksam sei. Er hat die behauptete Trennungsabsicht bestritten. Vernünftige und nachvollziehbare Gründe dafür, dass der Kläger die Wohnung benötige, habe er nicht benannt. Ob und wann eine Trennung tatsächlich stattgefunden habe, ergebe sich weder aus dem Kündigungsschreiben noch aus dem Vortrag des Klägers. Ausgangspunkt für die Beurteilung des Eigenbedarfs sei eine wesentliche Veränderung der Lebensumstände des Vermieters. Eine solche sei dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen. Es bestehe allenfalls, den Vortrag des Klägers als wahr unterstellt, ein Gedanke hinsichtlich einer beabsichtigten Trennung. Dies reiche für eine Kündigung wegen Eigenbedarfs nicht aus. Auch sei zweifelhaft, dass die Eheleute immer noch zusammen in derselben Wohnung lebten.

Das Amtsgericht hat die Klage nach informatorischer Anhörung des Klägers als unschlüssig abgewiesen, weil der Kläger nicht schlüssig dargelegt habe, dass er auf Dauer in die Wohnung des Beklagten einzuziehen beabsichtige. Das Gericht könne aus dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen, dass eine Trennungsabsicht bestehe. Dies ergebe sich daraus, dass der Kläger nach wie vor mehrere Tage in der Woche zusammen mit seiner Ehefrau in demselben Schlafzimmer übernachte und seinen Ehering noch trage. Außerdem beruhe dies darauf, dass noch immer keine Scheidung eingereicht sei und es in der Beziehung ein Hin und Her gebe.

Wegen des streitigen und unstreitigen erstinstanzlichen Vortrags der Parteien sowie wegen des Inhalts und der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung einschließlich der dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf Entscheidungsformel, Tatbestand und Entscheidungsgründe dieses Urteils Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der geltend macht, dass der Kläger den gegenwärtigen Zustand, dass er zusammen mit seiner Ehefrau mehrere Tage in der Woche in demselben Schlafzimmer übernachten müsse, gerade durch den Einzug in die streitgegenständliche Wohnung beenden wolle. Gerade darauf beruhe die Kündigung. Auch stelle die Aussage, dass man der Beziehung nochmals eine Chance geben wolle, keinen Grund dar, den Eigenbedarf zu verneinen. Die Eheleute könnten sich trennen, um zumindest für eine längere Zeit in getrennten Wohnungen zu leben und einer gewissen Bedenkzeit, die auch mehrere Jahre betragen könne, den Entschluss zu fassen, die Beziehung in einer Wohnung oder aber räumlich getrennt fortzusetzen. Der Kläger habe eindeutig und zweifelsfrei bekundet, dass er sich räumlich verändern und eine Trennung von seiner Ehefrau vollziehen möchte. Daraus, dass zwischen Menschen, die verheiratet seien und gemeinsame Kinder hätten, letztlich immer Bande verblieben, könne nicht geschlossen werden, dass der Kläger keine Trennungsabsicht habe. Das Tatbestandsmerkmal „benötigt“ des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB sei durch die Kündigung und deren Begründung und durch die Einvernahme des Klägers bestätigt, der die Ernsthaftigkeit und Realisierbarkeit seines Nutzungswunsches dargelegt habe. Das Amtsgericht stelle zu hohe Anforderungen an die Begründung des Eigenbedarfs. Um die Nutzungsabsicht des Klägers abschließend feststellen zu können, hätte es der Einvernahme der als Zeugin benannten Ehefrau des Klägers bedurft, die das Amtsgericht zu Unrecht unterlassen habe.

Der Kläger beantragt:

Das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 06.07.2012 – Aktenzeichen: 28 C 12/12 – wird im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, die Wohnung im Erdgeschoss des Anwesens D-straße 12, … Heidelberg, bestehend aus einem Zimmer, einer Küche, einer Diele, einem Bad/Duschraum, einem Abstellraum und einer Terrasse, zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Der Kläger habe nicht eindeutig und zweifelsfrei bekundet, dass er sich räumlich verändern und eine Trennung von seiner Ehefrau vollziehen wolle. Von einem unumstößlichen Entschluss hierzu könne keine Rede sein. Dass der Kläger bereits jetzt von dem Entschluss spreche, die Beziehung später einmal fortsetzen zu wollen, erscheine mehr als merkwürdig.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Die Kammer hat entsprechend dem Beweisbeschluss vom 26.10.2012 (AS. II, 43-45) über die Trennungsabsicht des Klägers und seine Absicht, in die streitgegenständliche Wohnung einzuziehen, Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin J. B. Wegen des genauen Beweisthemas wird auf den genannten Beweisbeschluss und wegen des Beweisergebnisses auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2012 (AS. II, 51-55) Bezug genommen.II.

Die zulässige Berufung ist begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Mietwohnung aus § 546 Abs. 1 BGB, denn das Mietverhältnis wurde durch die Eigenbedarfskündigung vom 17.06.2011 gemäß § 573 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB wirksam beendet.

1. Die Kündigung ist formell wirksam.

a) Sie ist dem Beklagten zugegangen. Der Beklagte hat den Zugang der Kündigungserklärung nur „rein vorsorglich bestritten“ (Schriftsatz vom 23.02.2012, AS. I, 57). Aus der vom Kläger vorgelegten schriftlichen Erklärung des Boten über die Zustellung (AS. I, 67), deren Inhalt vom Beklagten nicht bestritten worden ist, ergibt sich, dass der Bote die Kündigungserklärung dem Beklagten zugestellt hat. Da der Beklagte den Inhalt und die Richtigkeit der schriftlichen Erklärung des Boten nicht bestritten hat, gilt deren Inhalt als zugestanden. Damit ist durch diese Urkunde der Beweis erbracht, dass die Kündigung dem Beklagten zugestellt worden ist, auch wenn eine Privaturkunde für sich betrachtet lediglich den Beweis liefert, dass der Aussteller die darin enthaltene Erklärung abgegeben hat (§ 416 ZPO).

b) Soweit der Beklagte die Beifügung einer Vollmacht zur Kündigungserklärung bestritten hat, berührt dies die Wirksamkeit der Kündigung nicht. Nach § 174 S. 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, wozu die Kündigung gehört, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Da, wie oben dargelegt, der Zugang der Kündigungserklärung am 21.06.2011 bewiesen ist, ist die allenfalls konkludent erklärte Zurückweisung im Schriftsatz vom 05.06.2012 nicht mehr unverzüglich im Sinne von § 174 S. 1 BGB erfolgt, so dass die Rechtsfolge dieser Vorschrift nicht eingreift. Auf die Frage, ob der Kündigungserklärung eine Vollmacht beigefügt war, kommt es daher nicht an.

c) In der Kündigungserklärung wird auch – entgegen der Ansicht des Beklagten – eine im Sinne von § 573 Abs. 3 S. 1 BGB ausreichende Begründung für die Kündigung mitgeteilt. In der Kündigungserklärung ist enthalten, dass der Kläger die Absicht habe, aus der Ehewohnung auszuziehen und in die streitgegenständliche Wohnung einzuziehen. Damit ist hinreichend dargetan, dass der Kläger gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB die Räume als Wohnung für sich benötigt. Bei der Kündigung wegen Eigenbedarfs muss der Vermieter in der Kündigungserklärung angeben, für welche Personen die Wohnung benötigt wird, und die Tatsachen mitteilen, aus denen sich das Nutzungs- oder Überlassungsinteresse ergibt, wobei der Vermieter sich nicht auf bloße Leerformeln oder Werturteile beschränken darf, sondern konkrete Tatsachenangaben in das Kündigungsschreiben aufnehmen muss (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 10. Auflage, § 573 BGB Rn. 224 und 225). Diesen Anforderungen genügt die Kündigungserklärung, denn in ihr ist im einzelnen dargelegt, in welcher Wohnung der Kläger bislang lebt, dass er dort mit seiner Ehefrau zusammenlebt und dass man sich entschlossen habe, sich aufgrund von Beziehungsproblemen zu trennen, sowie dass der Kläger in die streitgegenständliche Wohnung einziehen wolle. Damit sind hinreichende Tatsachen wiedergegeben, die den Eigennutzungswunsch tragen. Der Zweck des Begründungszwanges, nämlich dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu ermöglichen und ihn so in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen (vergleiche Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 10. Auflage, § 573 Rn. 216), ist damit erfüllt.

2. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist die Klage auch schlüssig, denn es genügt dafür die bloße, aber ernsthafte Absicht des Vermieters, im eigenen Wohneigentum zu wohnen, was auch bei einer Nutzung nur auf begrenzte Zeit der Fall ist (Palandt/Weidenkaff, BGB, 71. Auflage, § 573 Rn. 28). Es sind danach vernünftige, nachvollziehbare Gründe für den Eigenbedarf erforderlich. Dies ist bei der Absicht, eine räumliche Trennung vom Ehegatten herbeizuführen und in Zukunft ohne den Ehegatten in der vermieteten Wohnung zu wohnen, der Fall. Insoweit ist es auch nicht etwa erforderlich, dass die Ehegatten eine Trennung im familienrechtlichen Sinne innerhalb ihrer bisherigen Ehewohnung (§ 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB) bereits vollzogen haben oder dass sie definitiv die Scheidung beabsichtigen. Vernünftige, nachvollziehbare Gründe für den Umzug eines Ehegatten in eine eigene Wohnung liegen schon dann vor, wenn die Ehegatten sich ernsthaft entschieden haben, sich zu trennen und ihre häusliche Gemeinschaft zumindest vorläufig aufzuheben. Ob dieser Wunsch tatsächlich besteht, ob also die behauptete Trennungsabsicht ernsthaft verfolgt wird, ist keine Frage der Schlüssigkeit der Klage, sondern des Beweises der die Kündigung rechtfertigenden Tatsachen. Der Sache nach hat auch das Landgericht Köln in dem vom Amtsgericht zitierten Urteil vom 22.08.1996 (WuM 1997, 48) die Voraussetzungen des Eigenbedarfs deswegen verneint, weil es sich nicht von der Ernsthaftigkeit der Trennungsabsicht des dortigen Vermieters und dessen Absicht, in die streitgegenständliche Wohnung einzuziehen, hat überzeugen können. Denn es hat ausgeführt, dass aufgrund der unstreitigen Tatsachen nicht davon ausgegangen werden könne, dass eine klare Trennungsabsicht bestehe, mit der Folge, dass der Kläger in die vom Beklagten angemietete Wohnung auf Dauer ziehen wolle (Rn. 6, zitiert nach Juris). Das tatsächliche Bestehen der Trennungsabsicht und des Wunsches, in die vermietete Wohnung einzuziehen, stellt aber keine Rechtsfrage, die für die Schlüssigkeit der Klage von Bedeutung wäre, dar, sondern eine tatsächliche Fragestellung, die dem Beweis zugänglich wäre. Aufgrund dessen war im vorliegenden Fall Beweis zu erheben durch die Vernehmung der Zeugin J. B.

3. Aufgrund der Beweisaufnahme durch die Vernehmung dieser Zeugin ist der Beweis erbracht, dass der Kläger ernsthaft die Absicht verfolgt, sich von seiner Ehefrau räumlich zu trennen und in die streitgegenständliche Wohnung einzuziehen. Die Zeugin hat dies in ihrer Vernehmung vom 23.11.2012 glaubhaft bekundet. Die Zeugin hat recht detailliert geschildert, dass es zwischen ihr und dem Kläger zu schon länger bestehenden Differenzen gekommen sei, die auch fortbestünden. Zwar konnte sie keine genaue Zahl für die Häufigkeit der Streitigkeiten angeben, bekundete jedoch, dass es zu häufig sei, um damit glücklich zu leben. Sie sagte auch, die Differenzen seien so, dass man es kaum mehr aushalte (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2012, Seite 2 unten). Die Differenzen beträfen zwischenzeitlich auch Kleinigkeiten. Grundsätzlicher seien die Differenzen bei der Erziehung der Kinder. Die Zeugin hat dann nochmals bekundet, dass es für sie kaum auszuhalten sei (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2012, Seite 3 oben). Auch dass die Zeugin die Differenzen nicht näher beschrieben und konkretisiert hat, spricht nicht entscheidend gegen ihre Glaubwürdigkeit und gegen die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage. Es ist nachvollziehbar, dass die Zeugin bei diesen sehr persönlichen Fragen nicht zu sehr in die Details gehen wollte und dass man im Nachhinein den genauen Grund für Zwistigkeiten oftmals nicht mehr mit der erforderlichen Genauigkeit wiedergeben bzw. sich hieran erinnern kann, sofern es sich um gewöhnliche partnerschaftliche Streitigkeiten handelt und es nicht um fest umrissene Verhaltensmuster eines Ehegatten, wie beispielsweise regelmäßige Gewaltanwendung unter Alkoholeinfluss, geht. Auch geht die Argumentation des Beklagtenvertreters im Schriftsatz vom 10.12.2012 fehl, der die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin deswegen in Zweifel zieht, weil sie ausgesagt habe, die Kinder wüssten offiziell noch nichts von der Absicht, dass sie und der Kläger sich räumlich trennen würden. Denn die Zeugin hat davon gesprochen, dass die Kinder offiziell noch nichts von dieser Absicht wüssten. Damit hat sie aber keine Aussage dazu getroffen, dass die Kinder von einer beabsichtigten Trennung bzw. von den Schwierigkeiten in der partnerschaftlichen Beziehung zwischen der Zeugin und dem Kläger bisher nichts mitbekommen hätten, wie es der Beklagtenvertreter formuliert. Die Zeugin hat lediglich von der quasi offiziellen Mitteilung der Trennung der Eltern gesprochen.

Entgegen der in dem Schriftsatz vom 10.12.2012 unter Ziff. 1 geäußerten Ansicht des Beklagtenvertreters steht auch eine dort behauptete Widersprüchlichkeit der Zeugenaussage zu den Angaben des Klägers der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin nicht entgegen. Denn die Zeugin wurde nicht explizit danach gefragt, wann genau der Entschluss zur räumlichen Trennung gefasst worden sei, so dass sich ihr die Bedeutung des Zeitpunktes nicht erschließen konnte. Darüber hinaus ist es nicht ungewöhnlich, dass sich die Beteiligten bei der Erinnerung an einen genauen Zeitpunkt bei derartigen schleichenden Entwicklungen wie der Entschlussfassung zu einer Trennung täuschen und auch dass die Erinnerungen hier bei verschiedenen Beteiligten auseinandergehen. Dies gilt insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass die Zeugin und ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht vom 08.06.2012 auch der Kläger nicht explizit nach dem genauen Zeitpunkt des Aufkommens des Trennungswunsches befragt wurden. Auch rechtlich kommt es auf den genauen Zeitpunkt des Trennungswunsches nicht an. Erforderlich ist lediglich, dass dieser Grund für den Eigenbedarf bei Ausspruch der Kündigung gegeben war. Dies ergibt sich aber sowohl aus den Angaben des Klägers als auch aus der Zeugenaussage. Dass die Angaben der Zeugin und des Klägers in diesem Punkt nicht völlig übereinstimmen, spricht vielmehr eher für die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin, weil dadurch nichts auf eine Absprache zwischen der Zeugin und dem Kläger hindeutet.

Auch nach dem persönlichen Eindruck, den die Kammer von der Zeugin bei ihrer Vernehmung gewonnen hat, ist die Kammer überzeugt, dass die Zeugin die Wahrheit bekundet hat. Die Zeugin machte auf die Kammer einen durchaus unglücklichen Eindruck, ohne dass Anzeichen zu bemerken gewesen wären, die darauf hindeuteten, dass sie diese psychische Befindlichkeit dem Gericht lediglich vorgespiegelt hätte. Denn diese Befindlichkeit war nicht übertrieben und wurde auch von ihr nicht besonders zur Schau gestellt. Insbesondere äußerte sie sich dazu, dass sie die Situation kaum mehr aushalte, erst auf genaueres Nachfragen durch den Beklagtenvertreter, trug dies aber nicht schon sogleich bei Beginn ihrer Aussage zur Schau. Letzteres hätte allerdings darauf hingedeutet, dass sie dem Gericht die Ernsthaftigkeit des Trennungswunsches möglicherweise nur vorspielen wollte. Dass sie sich insgesamt so zurückhaltend äußerte, spricht daher für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage. Insgesamt war bei ihr ein Leidensdruck erkennbar, der für die Ernsthaftigkeit des Trennungswunsches spricht.

Auch die leichte Widersprüchlichkeit in der Aussage der Zeugin, wonach es sich der Kläger und die Zeugin nicht leisten könnten, dass einer von ihnen in eine andere Wohnung ziehe (die angemietet werden müsste), sie es sich jedoch leisten könnten, auf die Mieten des Beklagten zu verzichten, wenn der Kläger in dessen Wohnung einziehe, steht der Glaubhaftigkeit der Aussage und auch der Ernsthaftigkeit des Trennungswunsches und der Absicht, in die streitgegenständliche Wohnung einzuziehen, nicht entgegen. Denn das Beweisthema für die Zeugin ging nicht dahin, Bekundungen zu den wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Selbstnutzung der streitgegenständlichen Wohnung durch den Kläger zu machen, sondern betraf lediglich die Absicht des Klägers, in die streitgegenständliche Wohnung einzuziehen, um damit die Trennung von der Ehefrau verwirklichen zu können. Es ist nicht die Aufgabe der Zeugin, eine zweifelsfreie wirtschaftliche Beurteilung der Möglichkeiten abzugeben, es sich erlauben zu können, die streitgegenständliche Wohnung nicht zu vermieten, sondern selbst zu nutzen. Aufgrund des Beweisthemas musste die Zeugin auf eine derartige Fragestellung auch nicht vorbereitet sein, so dass es der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage im Übrigen nicht entgegensteht, dass sie auf diese Fragestellung keine hinreichend überzeugende Antwort geben konnte.

4. Sachvortrag des Beklagten dazu, dass sich der Kläger die Selbstnutzung der Wohnung gar nicht leisten könne, fehlt völlig. Ein derartiger Einwand wurde gegen die Wirksamkeit der Kündigung vom Beklagten nicht erhoben. Unter diesem Gesichtspunkt kann die Ernsthaftigkeit und Realisierbarkeit des Eigennutzungswunsches des Klägers daher nicht mit Erfolg in Frage gestellt werden. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte mit 390,00 Euro eine relativ geringe monatliche Miete bezahlt, so dass der Gedanke, sich die Anmietung einer weiteren Wohnung nicht leisten zu können, beim Kläger auch darauf beruhen kann, dass er die Vorstellung hat, dass eine Wohnung mit ähnlich niedriger Miete nicht leicht zu bekommen wäre. Mangels irgend eines Sachvortrags des Beklagten dazu, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers es nicht erlaubten, die vom Beklagten angemietete Wohnung selbst zu nutzen, ist der Kläger auch nicht gehalten, seine wirtschaftlichen Verhältnisse offen zu legen. Im Übrigen kann gegen die Absicht der Selbstnutzung der Wohnung durch den Vermieter auch nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass er sich Wohnraum auch anderweit durch Anmietung einer anderen Wohnung verschaffen könne, denn für das Nutzungsinteresse ist es schon ausreichend, wenn der Eigentümer in den eigenen vier Wänden wohnen will; eine bloße Rolle des Kapitalanlegers durch Vermietung einer ihm gehörenden Wohnung dürfe dem Eigentümer nicht aufgedrängt werden (Bundesverfassungsgericht NJW 1994, 309, 310). Der Eigennutzungswunsch des Eigentümers einer vermieteten Wohnung ist daher als genügendes Nutzungsinteresse im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB anzuerkennen. Der insoweit fehlende Sachvortrag des Beklagten kann auch nicht durch eine entsprechende Frage an die Zeugin und deren nicht in jeder Hinsicht überzeugende Antwort ersetzt werden.

5. Weiter fehlt es auch an Sachvortrag dazu, dass der Kläger in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Ausspruch des Eigenbedarfskündigung die Absicht gehabt hätte, die streitgegenständliche Wohnung zu veräußern, so dass sich die Eigenbedarfskündigung lediglich als Vorwand darstellen würde, um die Wohnung unvermietet besser veräußern zu können, und somit die engen Voraussetzungen von § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB zu umgehen. Die Einführung derartiger Umstände in den Rechtsstreit beschränkt sich auch in diesem Fall darauf, dass der Beklagtenvertreter in der mündlichen Anhörung des Klägers vor dem Amtsgericht am 08.06.2012 diesem vorgehalten hat, es habe noch Anfang des Jahres eine Verkaufsabsicht bestanden (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.06.2012, Seite 3 oben, entsprechend AS. II, 85). Sachvortrag dazu, dass eine derartige Absicht bestanden hätte und woraus sich diese ergeben hätte, fehlt jedoch. Unter diesem Gesichtspunkt sind daher keine Zweifel an dem Eigennutzungswunsch des Klägers gegeben. Auch aus der Aussage der Zeugin ergeben sich derartige Zweifel nicht, denn sie sagte aus, dass der Kläger und sie einen Verkauf vor langer Zeit vorgehabt hätten. Dies sei bestimmt 6 Jahre her (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2012, Seite 3 oben). Etwas Gegenteiliges hat der Beklagte nicht vorgetragen.

Die ausgesprochene Kündigung erweist sich damit als wirksam, so dass das Mietverhältnis beendet ist und der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung hat.

Die Gewährung der Räumungsfrist beruht auf § 721 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO nicht vorliegen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung aufgrund des gerade hier gegebenen Sachvortrags und Beweisergebnisses. Sie hat daher über den Einzelfall hinaus keine grundsätzliche Bedeutung, und es bedarf deswegen auch keiner Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

LG Heidelberg, Urteil vom 14.12.2012 – 5 S 42/12 –