Schrottimmobilie

Weil die Käuferin einer so genannten «Schrottimmobilie» im Zusammenhang mit einem so genannten Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag arglistig über die Höhe der Vertriebsprovisionen getäuscht worden ist, hat der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt, dass ihr Schadenersatz zusteht.

Von Vermittlern geworben, erwarb die Klägerin, eine damals 38 Jahre alte Krankenschwester, 1996 zu Steuersparzwecken eine Eigentumswohnung. Zur Finanzierung des Kaufpreises in Höhe von rund 147.500 Mark nahm sie bei der beklagten Bank ein tilgungsfreies Vorausdarlehen in Höhe von 178.000 Mark auf, das durch zwei mit der beklagten Bausparkasse abgeschlossene Bausparverträge getilgt werden sollte. Im Zusammenhang mit dem Erwerb unterzeichnete die Klägerin einen Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag, in dem es unter anderem heißt: «Ich erteile hiermit den Auftrag, mir das oben genannte Objekt und die Finanzierung zu vermitteln. Der Auftrag soll durch die in Punkt 4. und 5. der nachfolgenden Aufstellung benannten Firmen zu den dort genannten Gebührensätzen ausgeführt werden.» Ausweislich Punkt 4 der Aufstellung sollten die Finanzierungsvermittlerin und die Wohnungsvermittlerin eine Provision erhalten, die sich insgesamt auf 5,86 Prozent der Kaufpreissumme belief.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Rückabwicklung des kreditfinanzierten Kaufs der Eigentumswohnung. Sie begehrt unter anderem die Rückzahlung geleisteter Zinsen sowie die Feststellung, dass aus den Darlehensverträgen keine Zahlungsansprüche bestehen und ihr die Beklagten den gesamten Schaden zu ersetzen haben. Das Berufungsgericht hat dem Zahlungsbegehren in Höhe von rund 11.600 Euro, den Feststellungsanträgen vollumfänglich stattgegeben.

Es war zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagten der Klägerin schadenersatzpflichtig sind, weil sie sie trotz eines insoweit bestehenden Wissensvorsprungs nicht über eine arglistige Täuschung aufgeklärt haben. Die Klägerin sei vom Vertrieb arglistig über die Höhe der Provisionen getäuscht worden, die an die beiden im Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag genannten Vermittlerfirmen fließen. Durch Gestaltung und Ausfüllung des Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrags habe der Vertrieb bei der Klägerin bewusst die falsche Vorstellung erzeugt, die beiden in dem besagten Vertrag genannten Vermittlerfirmen erhielten nur die dort genannten Provisionen. Dies habe jedoch nicht der Wahrheit entsprochen. So habe die Beweisaufnahme ergeben, dass die beiden Vermittlerinnen nicht nur Vertriebsprovisionen in Höhe von insgesamt 5,86 Prozent der Kaufpreissumme erhielten, sondern tatsächlich mindestens 15 Prozent. Da die Beklagten mit dem Vertrieb in institutionalisierter Weise zusammengearbeitet hatten, hat das Berufungsgericht angenommen, dass ihnen diese arglistige Täuschung bekannt gewesen ist.

Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten war erfolglos. Der BGH hat insbesondere die dem Berufungsurteil zugrunde liegende Auslegung des Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrags bestätigt, nach der die dort im Einzelnen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen als Gesamtprovisionen zu verstehen seien, zu denen die Vermittlerinnen die Vermittlung insgesamt durchführen sollten. Diese Auslegung sei angesichts des in dem formularmäßigen Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag ausdrücklich enthaltenen Hinweises, der Auftrag solle durch die in Punkt 4. und 5. der Aufstellung benannten Vermittlungsfirmen zu den dort im Einzelnen genannten Gebührensätzen ausgeführt werden, vertretbar.

Der BGH weist darauf hin, dass gleich lautende Objekt- und Finanzierungsvermittlungsaufträge bei den von den Beklagten finanzierten Erwerbsvorgängen vielfach verwendet worden seien. Deswegen habe das Urteil über den entschiedenen Fall hinaus Bedeutung.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.06.2010, XI ZR 104/08


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