Volljährige kann auch bei Studienabbruch Ausbildungsunterhalt verlangen

internet11Das OLG Naumburg entschied ( 12.1.2010 – 8 WF 274/09 ), dass ein volljähriges Kind auch für eine Übergangszeit nach Abbruch eines Studiums einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt hat. Dies insbesondere dann, wenn es seine Obliegenheit, die von ihm avisierte Ausbildung zielstrebig und planvoll aufzunehmen und durchzuführen, nicht (nachhaltig) verletzt hat.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten Unterhalt (§§ 1601 ff. BGB), und zwar für eine Zeit von zehn Monaten nach Abbruch ihres zweisemestrigen Studiums der Finanz- und Wirtschaftsmathematik an der TU B… (d. h. ab Ende Sommersemester 2008), während der sie sich erfolglos um einen Ausbildungsplatz bei einem Steuerberater sowie im Bank- und Finanzdienstleistungsbereich beworben hat. Dass das Studium nicht den Neigungen der Klägerin entsprach und der Ausbildungswechsel erfolgen musste und auch angesichts der der Klägerin zuzubilligenden Orientierungsphase nicht zu beanstanden ist, steht außer Streit.

Das Familiengericht hatte der Klägerin für die streitigen zehn Monate Unterhalt nach § 1610 Abs. 2 BGB versagt, da Ausbildungsunterhalt nur während einer Ausbildung geschuldet werde, die Klägerin aber während der streitigen Zeit nicht in einem Ausbildungsverhältnis gestanden habe. Dabei berücksichtigt das Familiengericht nicht, dass ein unterhaltspflichtiger Elternteil – nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) – auch Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen muss, und zwar
selbst dann, wenn diese auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind. Erst dann, wenn das volljährige Kind seine Obliegenheit, die von ihm avisierte Ausbildung zielstrebig und planvoll aufzunehmen und durchzuführen, „nachhaltig“ verletzt, muss es sich darauf verweisen lassen, dass es für seinen Lebensunterhalt selbst aufkommen muss. Denn erst unter dieser Voraussetzung entspricht das Verhalten des Kindes nicht mehr dem unterhaltsrechtlichen Gegenseitigkeitsprinzip, nach dem es auf die Belange des unterhaltspflichtigen Elternteils
Rücksicht zu nehmen hat.

Von einer (nachhaltigen) Verletzung der Ausbildungsobliegenheit kann hier nicht ausgegangen werden, weil sich das Kind während der streitigen Zeit immer wieder um Ausbildungsplätze in dem von ihm ins Auge gefassten Ausbildungsbereich bemüht hat und diese Bemühungen letztendlich auch von Erfolg gekrönt gewesen sind. Erst wenn derartige Bemühungen unterlassen worden wären, hätte das Kind das unterhaltsrechtliche Gegenseitigkeitsprinzip verletzt.