Besserer Schutz vor Diskriminierung erwartet

applesBisher hatten es Bewerber nicht leicht nachzuweisen, dass sie bei einer abgelehnten Bewerbung eines Arbeitsplatzes wegen ihres Alters, Geschlecht oder Rasse benachteiligt wurden. Wer sich nun auf eine Stelle bewirbt, kann in Europa auf besseren Schutz vor Diskriminierung hoffen. Der Generalanwalt Mengozzi hat am 12.01.2012 in der Rechtssache C-415/10. am Europäischen Gerichtshof (EuGH) seine Schlussanträge im Fall eines deutschen Rechtsstreits abgegeben.

Er plädiert dafür, dass die Weigerung des Arbeitgebers einem abgelehnten Stellenbewerber die Auswahlentscheidung zu begründen, als Indiz für eine Diskriminierung herangezogen werden kann. Dies dürfte richtungweisend sein, denn in etwa drei Vierteln aller Fälle folgt das höchste EU-Gericht der Empfehlung des Generalanwaltes.

Der Gerichtshof hat sich mit der Frage zu befassen, wie ein Stellenbewerber für sich die Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung zur Geltung bringen kann, wenn seine Bewerbung vom Arbeitgeber ohne Begründung und ohne Auskunft über das Auswahlverfahren und dessen Ausgang abgelehnt wurde.

Die Klägerin des – vor dem Bundesarbeitsgericht anhängigen – Ausgangsverfahrens wurde in Russland geboren. Sie ist Inhaberin eines russischen Diploms als Systemtechnik-Ingenieurin, dessen Gleichwertigkeit mit einem in Deutschland von einer Fachhochschule erteilten Diplom durch das Land Schleswig-Holstein anerkannt wurde.

Die Beklagte – eine GmbH – veröffentlichte eine Stellenanzeige. In dieser war sie auf der Suche nach „eine[m/r] erfahrene[n] Softwareentwickler/-in“. Die Klägerin bewarb sich um die Stelle, erhielt jedoch von der Beklagten eine Absage. Die Beklagte veröffentlichte kurze Zeit danach eine Stellenanzeige mit gleichem Inhalt im Internet. Die Klägerin bewarb sich von neuem um die Stelle, doch lehnte die Beklagte ihre Bewerbung wiederum ab, ohne sie zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen und ohne die Ablehnung der Bewerbung zu erläutern.

Die Klägerin war der Ansicht, sie sei wegen ihres Geschlechts, ihrer Herkunft und ihres Alters benachteiligt worden, und erhob Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG. Sie verlangte von der Beklagten auch, die Bewerbungsunterlagen des aufgrund der Stellenanzeige eingestellten Bewerbers vorzulegen, um den Sachverhalt aufzuklären.

Das BAG wies darauf hin, dass nach deutschem Recht einem Stellenbewerber, der meint, aus Gründen seines Geschlechts, seines Alters und/oder seiner Herkunft diskriminiert worden zu sein, die Darlegungslast nach § 22 AGG obliegt.

Der Generalanwalt ist der Meinung, dass weder Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43 noch Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 noch Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54 sind dahin auszulegen, dass einem Bewerber im Fall seiner Nichtberücksichtigung ein Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Auskunft eingeräumt werden muss, ob und aufgrund welcher Kriterien er einen anderen Bewerber eingestellt hat, auch wenn der Bewerber darlegt, dass er die Voraussetzungen für die vom Arbeitgeber ausgeschriebene Stelle erfüllt.