Aufrechnung bei selbst errechnetem Betriebskostenguthaben möglich

Der BGH hatte sich mit der Richtigkeit einer Nebenkostenabrechnung und deren Nachforderung zu befassen und entschied, dass der Mieter berechtigt ist, mit einem von ihm selbst errechneten Betriebskostenguthaben gegenüber der Miete aufzurechnen. Zudem kann der Mieter aufgrund seiner Abrechnung die Betriebskostenvorauszahlungen selbst bestimmen.

Dem Urteil liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

Der Beklagte ist Mieter einer Wohnung der Klägerin in G. . Die von ihm zu entrichtenden Betriebskostenvorauszahlungen belaufen sich seit Januar 2010 auf 199,28 € monatlich. Unter dem 27. Oktober 2010 erstellte die Klägerin die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2009, die eine Nachforderung in Höhe von 84,26 € ausweist. Der Beklagte erhob verschiedene Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit dieser Abrechnung und errechnete statt der Nachforderung ein Guthaben in Höhe von 376,49 €. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2010 teilte er der Klägerin mit, dass er die Vorauszahlungen im Hinblick auf die vorgenommenen Abrechnungskorrekturen um monatlich 30 € herabsetze. 1 Ab Januar 2011 leistete er deshalb nur noch Vorauszahlungen in Höhe von 169,28 € monatlich. Ferner rechnete der Beklagte das von ihm beanspruchte Guthaben von 376,49 € gegen die Miete für den Monat März 2011 auf und kürzte seine Zahlung für diesen Monat entsprechend. Am 8. Juli 2011 korrigierte die Klägerin die Nebenkostenabrechnung vom 27. Oktober 2010 ihrerseits dahin, dass sich nunmehr für das Jahr 2009 ein Guthaben des Beklagten in Höhe von 275,74 € ergab.

Dazu führt der BGH aus:

1. Wie der Senat – nach Erlass des Berufungsurteils – in Abänderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat, kommt es für die Anpassung 4 von Vorauszahlungen (§ 560 Abs. 4 BGB) auf die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung an (Senatsurteil vom 15. Mai 2012 – VIII ZR 246/11, NJW 2012, 2186 Rn. 15). Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich bei der Anpassung um eine Erhöhung der Vorauszahlungen durch den Vermieter oder – wie hier – um eine Ermäßigung der Vorauszahlungen durch den Mieter handelt.

Soweit der Mieter inhaltliche Fehler einer vom Vermieter erteilten Betriebskostenabrechnung konkret beanstandet und das zutreffende Abrechnungsergebnis selbst errechnet, ist er nicht gehindert, eine Anpassung der Vorauszahlungen nach § 560 Abs. 4 BGB auf der Grundlage des so ermittelten Abrechnungsergebnisses vorzunehmen. Dass das vom Beklagten hier auf diese Weise ermittelte Abrechnungsergebnis mit einem Saldo von 376,74 € zu seinen Gunsten inhaltlich richtig ist, ist mangels anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts für das Revisionsverfahren zu unterstellen.

2. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte sei mit Rücksicht auf ein an den laufenden Vorauszahlungen geltend zu machendes Zurückbehaltungsrecht an der Aufrechnung mit dem von ihm errechneten Nebenkostenguthaben für das Jahr 2009 gehindert. Das Berufungsgericht hat insoweit die Rechtsprechung des Senats zum Zurückbehaltungsrecht des Mieters an laufenden Vorauszahlungen verkannt (vgl. Senatsurteil vom 29. März 2006 – VIII ZR 191/05, NJW 2006, 2552 Rn. 12 ff.). Nach dieser Rechtsprechung kann der Mieter im laufenden Mietverhältnis nach Ablauf der Abrechnungsfrist für einen zurückliegenden Abrechnungszeitraum ein Zurückbehaltungsrecht an den laufenden Vorauszahlungen geltend machen, um seinen Abrechnungsanspruch durchzusetzen, und besteht deshalb im laufenden Mietverhältnis – anders als nach Beendigung des Mietvertrags (Senatsurteil vom 9. März 2005 – VIII ZR 57/04, NJW 2005, 1499 unter II 3 c; vgl. ferner Senatsurteil vom 26. September 2012 – VIII ZR 315/11, NJW 2012, 3508 9 Rn. 10) – kein Grund, dem Mieter im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung einen Anspruch auf Rückzahlung der Vorauszahlungen zuzubilligen.

Im vorliegenden Fall verfolgt der Beklagte indes nicht das Ziel, die Klägerin zu einer ausstehenden Abrechnung zu veranlassen. Vielmehr hat die Klägerin eine Abrechnung erteilt und hat der Beklagte, wie im Revisionsverfahren zu unterstellen ist, die von ihm gerügten inhaltlichen Fehler selbst korrigiert und den sich danach ergebenden Abrechnungsbetrag zutreffend errechnet. Ein Abrechnungsanspruch, den er mit einem Zurückbehaltungsrecht durchsetzen könnte, besteht deshalb ohnehin nicht mehr. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gibt es keinen Grund, dem Beklagten die Aufrechnung mit dem von ihm beanspruchten Guthaben zu verwehren.

BGH Urteil vom 6. Februar 2013 – VIII ZR 184/12