Keine Mietminderung bei Fluglärm

1. Der Mieter einer Wohnung im Mittleren Schafhofweg im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen musste schon bei Abschluss seines Mietvertrags im Jahr 2000 mit dem Ausbau des Flughafens und einem damit verbundenen Lärmanstieg rechnen. Denn die Pläne für den Flughafenausbau lagen schon damals vor. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Parteien des Mietvertrags die mit dem Flughafenausbau verbundenen Störungen bei Vertragsschluss zumindest stillschweigend vorausgesetzt haben und in der vereinbarten Miete entsprechend berücksichtigen konnten. Eine Mietminderung ist somit schon gem. § 536b Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Tauglichkeit der Wohnung durch den Fluglärm mehr als nur unerheblich gemindert ist.

2. Hat der Mieter im Hinblick auf die von ihm beanspruchte Mietminderung die Miete unter Vorbehalt geleistet, kann der Vermieter die gerichtliche Feststellung beantragen, dass die vereinbarte Miete nicht wegen Fluglärm gemindert ist und der Mieter nicht berechtigt ist, die Miete unter Rückforderungsvorbehalt zu zahlen.

Diese Entscheidung ist in der Sache richtig, wenn auch die Begründung des Gerichts auf eher tönernen Füßen steht.

Der Mieterschutzverein Frankfurt lehnt daher die Entscheidung aus folgenden Gründen ab:
Mindestvoraussetzung für den Minderungsausschluss ist gem. § 536b S. 2 BGB, dass dem Mieter der Mangel der Mietsache infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Da der Mieter grundsätzlich keine Prüfungspflicht hat, ist grob fahrlässige Unkenntnis nur dann anzunehmen, wenn besondere Anhaltspunkte für einen Mangel bestehen und der Mieter dennoch zumutbare Nachforschungen unterlässt (BGH, Urt. v. 28.11.1979 – VIII ZR 302/78, WuM 1981, 92). Die bloße Existenz des Frankfurter Flughafens war aber kein Anhaltspunkt, der es dem Mieter ermöglicht hätte, mit zumutbaren Anstrengungen die sichere Kenntnis zu erlangen, dass 11 Jahre später der Fluglärm im Umkreis seiner Wohnung plötzlich sehr erheblich zunehmen würde. Im Übrigen setzt ein Minderungsausschluss wegen künftiger Mängel voraus, dass die Entstehung des Mangels sich bei Vertragsschluss schon so deutlich abzeichnet, dass die Gebrauchsbeeinträchtigung konkret absehbar und in ihren Auswirkungen erkennbar ist (OLG Dresden, Urt. v. 14.10.2008 – 5 U 1030/08, Info M 2009, 120).

Die Annahme einer stillschweigenden Beschaffenheitsvereinbarung ist willkürlich, weil es hierfür im vorliegenden Fall keinen Anhaltspunkt gab. Auch im Allgemeinen verbietet sich die Annahme, dass ein Mieter, der bei Vertragsschluss damit rechnen muss, dass sich die Beschaffenheit der Mietsache möglicherweise irgendwann dauerhaft verschlechtern könnte, durch bloßes Schweigen zum Ausdruck bringen will, dass er auch bei Verwirklichung des Risikos trotz verschlechterter Gebrauchstauglichkeit der Mietsache weiter die volle Miete zu zahlen gewillt sei. Eine solche Auslegung verbietet sich, weil das Schweigen einer Vertragspartei im Zweifel als Ablehnung einer ihr rechtlich oder wirtschaftlich nachteiligen Vereinbarung zu werten ist (BGH, Urt. v. 7.12.1983 – VIII ZR 206/82, WPM 1984, 171). Sehr viel naheliegender ist nämlich die Annahme, dass der Mieter die Mietsache zwar in ihrem Zustand bei Vertragsschluss und Übergabe als vertragsgemäß akzeptiert, sich jedoch für den (möglichen, aber keineswegs sicheren) Fall einer nachträglichen Minderung der Gebrauchstauglichkeit der Mieträume die Ausübung seiner gesetzlichen Gewährleistungsrechte vorbehalten will.

Willkürlich und lebensfremd erscheint auch die Annahme, die Parteien hätten das Risiko einer erheblichen Vermehrung von Fluglärms bei der Mietzinsvereinbarung berücksichtigen können. Denn erfahrungsgemäß wird die bei Vertragsschluss marktgerechte Miete gefordert und akzeptiert. Entscheidungserheblich wäre im Übrigen auch nur gewesen, wenn die Parteien mögliche künftige Beeinträchtigungen tatsächlich bei der Mietzinsvereinbarung berücksichtigt hätten. Dafür allerdings wäre der Vermieter darlegungs- und beweispflichtig gewesen. Auch eine stillschweigende Vereinbarung setzt stets zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraus (BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 152/12, WuM 2013, 154), die konkret darzulegen sind.

AG Frankfurt/Main, Urt. v. 31.8.2012 – 33 C 1839/12 (76)


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