Erstausbildungsanspruch auch bei Wechsel der Ausbildung

Der Senat weist grundsätzlich darauf hin, dass das Amtsgericht im Ansatz zutreffend davon ausgegangen ist, dass der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt ist. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners, eine Berufsausbildung
zu ermöglichen, steht auf Seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Zwar
muss der Verpflichtete nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen, die auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen sind.
Verletzt dieses aber nachhaltig seine Obliegenheit, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen
lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen (vgl. BGH, Fam-RZ 2001, 757 ff.).

Aber! Aus dem Gegenseitigkeitsverhältnis folgt nicht nur die Obliegenheit des Kindes, die gewählte Ausbildung
zügig durchzuführen. Die Rücksichtnahme auf die Belange der mit der Unterhaltszahlung belasteten Eltern erfordert es vielmehr auch, dass sich das Kind nach dem Abgang von der Schule innerhalb einer angemessenen Orientierungsphase für die Aufnahme einer seinen Fähigkeiten und Neigungen entsprechenden Ausbildung entscheidet (BGH, a.a.O.; FamRZ 2006, 1100).

Da die Unterhaltsberechtigte hier zunächst versucht hatte durch die Nachprüfung das Abitur doch noch zu schaffen und dann später unfallbedingt erkrankt war, hat sie hier erfolgreich ihren Anspruch durchgesetzt.

Thüringer OLG – AG Mühlhausen
8.1.2009
1 UF 245/08


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