Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung geändert. Danach können Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nach der Trennung Ausgleichansprüche aus § 812 BGB haben.
Der Leitsatz des Bundesgerichtshof ( BGH – Urteil vom 09.07.2008 (XII ZR 179/05):
Nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft kommen wegen wesentlicher Beiträge eines Partners, mit denen ein Vermögenswert von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung (hier: Wohnhaus) geschaffen wurde, dessen Alleineigentümer der andere Partner ist, nicht nur gesellschaftsrechtliche Ausgleichsansprüche, sondern auch Ansprüche aus ungerechtfertiger Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB) sowie nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung, vgl. etwa BGH Urteile vom 6. Oktober 2003 – II ZR 63/02 – FamRZ 2004, 94 und vom 8. Juli 1996 – II ZR 193/95 – NJW-RR 1996, 1473 f.).
Sachverhalt:
Die beiden Partner lernten sich 1990 kennen, lebten aber zunächst in verschiedenen Wohnungen. 1999 erwarb die Beklagte ein Grundstück, das mit einem Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung bebaut wurde. Die Umbaukosten betrugen 320.000 DM und wurden von beiden Parteien beigebracht. Das Anwesen sollte den Parteien und ihrer Tochter als gemeinsame Wohnung dienen. Sie zogen Anfang des Jahres 2000 in das Haus ein, trennten sich allerdings drei Jahre später, und der Kläger zog wieder aus.
Mit seiner Klage verlangte der Kläger von der Beklagten einen Ausgleich für die von ihm für den Hausbau aufgewendeten finanziellen Mittel und seine Arbeitsleistung. Er macht geltend, dass er wegen der finanziellen Beteiligung am Hausbau auf seine Anlagen und Ersparnisse zur Alterssicherung zurückgegriffen habe, nachdem ihm die Klägerin die Einräumung eines lebenslangen Wohnrechts versprochen habe.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Gründe:
Ein gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsanspruch scheidet zwar vorliegend aus, weil zwischen den Parteien mangels entsprechendem Rechtsbindungswillen bezüglich der Errichtung des Hauses keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründet worden ist.
Es kommen aber Ausgleichansprüche des Klägers aus ungerechtfertigter Bereicherung oder nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht. An der bisherigen Rechtsprechung, wonach in Fällen wie dem Vorliegenden nur gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzungsansprüche bestehen können, hält der BGH nicht mehr fest.
Eine Verkürzung der nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung bestehenden Ausgleichsmöglichkeiten sei nicht (mehr) gerechtfertigt und würde auch den Bedürfnissen der Praxis nicht gerecht.
Folgende Gründe sprechen für die Anerkennung eines Ausgleichsanspruchs nach Bereicherungsrecht.
Nicht nur in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, auch in einer Ehe stehen die persönlichen Beziehungen im Vordergrund und bestimmen das vermögensbezogene Handeln der Ehegatten, ohne dass daraus hinsichtlich überobligationsmäßiger Leistungen auf das Fehlen einer Rechtsgemeinschaft geschlossen würde.
Auch das Argument, der leistende Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft habe deren Scheitern bewusst in Kauf genommen und dürfe deshalb nicht auf deren Bestand vertrauen, vermag nicht länger zu überzeugen. Auch wenn der Partner weiß, dass die Lebensgemeinschaft jederzeit beendet werden kann, wird er seine Leistung regelmäßig in der Erwartung erbringen, dass die Gemeinschaft fortbesteht. Soweit er hierauf tatsächlich und für den Empfänger der Leistung erkennbar vertraut hat, erscheint dies schutzwürdig. Die Annahme, dass nur das Vertrauen von Ehegatten in die lebenslange Dauer ihrer Verbindung rechtlich geschützt ist, kann angesichts der hohen Scheidungsrate die Ungleichbehandlung nicht mehr rechtfertigen.
Der BGH betont allerdings, dass die gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB erforderliche Zweckverfehlung sich bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nur auf eine Leistung beziehen kann, die deutlich über das hinausgeht, was die Gemeinschaft Tag für Tag zum Zusammenleben benötigt. Zu fordern ist eine konkrete Zweckabrede, wie sie etwa dann vorliegen kann, wenn die Partner zwar keine gemeinsamen Vermögenswerte schaffen wollten, der eine aber das Vermögen des anderen in der Erwartung vermehrt hat, an dem erworbenen Gegenstand langfristig partizipieren zu können.
Dies gelte im Übrigen nicht nur für nichteheliche Lebensgemeinschaften, sondern auch für andere Formen des gemeinschaftlichen Lebens und Wirtschaftens, wie sie etwa unter verwitweten Geschwistern, sonstigen Verwandten oder Freunden vorstellbar sind.
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